14.11.2023

Wir ist das neue Ich

Eines unserer Ur-Bedürfnisse ist das Bedürfnis nach Zugehörigkeit. In der Gemeinschaft fanden unsere Vorfahren Schutz vor wilden Tieren und Feinden. Gemeinschaftlich sorgten sie für Nahrung, lernten, im Team zu jagen. Heute wissen wir, dass diese Fähigkeit großen Einfluss auf die Ernährung mit Proteinen und damit auf die Entwicklung unseres Gehirns hatte.

Der moderne Mensch vor allem in der westlichen Welt lebt ganz anders. Wir sind nicht mehr auf einen großen Sippenverbund angewiesen, um unser Überleben zu sichern. Individualismus steht hoch im Kurs. „Ich muss auch mal an MICH denken“ ist ein viel zitierter Satz. Persönlichkeitsentwicklung wird vielfach gleichgesetzt mit „für MICH losgehen“. Dabei steht dieser Trend zur Vereinzelung im Widerspruch zu unserem Bedürfnis nach Zugehörigkeit. Dass dieses Bedürfnis nach wie vor existiert, ist auch an unserem Verhalten auf den Social Media Plattformen leicht zu erkennen. Ich habe aber meine Zweifel, dass diese Art der Begegnung zu der gleichen Nähe und Verbundenheit führt wie der persönliche Austausch mit anderen Menschen.

ICH ist ein Ausdruck unseres Verstandes, der nicht in der Lage ist, uns in unserer Gänze zu erfassen. Damit ist er überfordert, dafür ist er nicht gemacht. Seine einzige Aufgabe ist es, unser Überleben zu sichern. Solange wir leben, wird unser Verstand immer den Anspruch haben, Recht über alles zu behalten, was er uns erzählt. Dieses Recht nimmt er sich aus der Tatsache, dass wir leben. Er hat also seine Aufgabe bisher erfüllt.

Wir sollten uns bewusst machen, dass unsere Stärke in der Gemeinschaft liegt, in der Verbindung mit anderen Menschen, in der gemeinsamen Weiterentwicklung, in Kooperation und Co-Kreation - letztendlich in der Verbundenheit mit uns selbst. Das zu erkennen und zu leben ist für mich Persönlichkeitsentwicklung.

"Glück und Erfüllung sind nicht Bestandteil des Überlebensprograms unseres Verstandes.“