11.1.2024
Im Standpunkt-Coaching geht es darum, uns unsere innersten Überzeugungen bewusst zu machen, die uns unsere Standpunkte einnehmen lassen und dadurch unser Denken, Fühlen und Handeln beeinflussen. Unser Unterbewusstsein hat dadurch maßgeblichen Einfluss auf die Ergebnisse in unserem Leben. Als Ergebnis bezeichnen wir alles, was sichtbar und messbar ist, so zum Beispiel wo und wie ich wohne, ob ich in Partnerschaft lebe oder nicht, ob ich Kinder habe, welchen Beruf ich ausübe, mit welchen Menschen ich meine Zeit verbringe und welche Automarke ich fahre. Unsere innersten Überzeugungen haben wir durch unsere Bewertungen über Ereignisse und Ergebnisse in unserem Leben gebildet. Das geht in früher Kindheit los und ist im frühen Erwachsenenalter größtenteils abgeschlossen. Dann sammeln wir nur noch Beweise dafür, dass es so ist wie wir es schon lange geschlussfolgert haben („Chefs sind …“, „Blonde Frauen sind …“, „Holzstühle sind …“. In unserem Unterbewusstsein haben wir auch abgelegt, womit wir uns selbst identifizieren: „Ich bin ….“.
Im Coaching geht es um die Ergebnisse, die wir so nicht wollen, um die nicht gewünschten Ergebnisse. Beispiele: Ich bin Single und möchte es nicht mehr sein. Ich habe immer wieder Partnerschaften. Sie sind aber nicht von langer Dauer. Oder ich lande immer wieder in Unternehmen, in denen sich die Vorgesetzen nach kurzer Zeit als egoistische Ausbeuter zeigen. Wir sprechen von innersten Überzeugungen, weil sie uns nicht bewusst sind. Glaubenssätze - Sätze, die wir glauben - sind uns dagegen häufig bewusst, auch wenn uns nicht immer die Konsequenzen bewusst sind, die ein Glaubenssatz wie zum Beispiel „Geld verdirbt den Charakter“ ("hat schon Oma immer gesagt") haben kann. Innerste Überzeugungen und Glaubensätze haben gleichermaßen Einfluss auf unser Denken, Fühlen und Handeln. In der Regel wirken gleichzeitig mehrere auf ein Ergebnis.
Zuständig für dieses Zusammenspiel von Unterbewusstsein und Ergebnissen ist unser Verstand. Dem Gedanken folgend, dass unser Verstand somit auch Ergebnisse hervorbringt, die wir so nicht wollen, könnte man meinen, er wäre gegen uns, er wäre unser Feind. Genau das Gegenteil ist aber der Fall. Seine einzige Aufgabe ist es, unser Leben zu schützen. Das macht er bisher richtig gut, sonst würde ich diesen Blog-Beitrag nicht schreiben und du würdest ihn nicht lesen. Glück und Erfüllung gehören nun mal nicht zu seinem Überlebensprogramm. Für mich ist es inspirierend, meinen Verstand als Ratgeber zu sehen.
Im Coaching machen wir Standpunkte sichtbar, auf denen der Coachee steht. Dabei bewerten wir weder die Standpunkte noch die dahinterliegenden Überzeugungen, die zum eingenommen Standpunkt geführt haben, als richtig oder falsch. Wir nehmen eine neutralere Sichtweise ein: Funktional oder nicht funktional gemessen am gewünschten Ergebnis. Der nächste Schritt ist dann der sogenannte Standpunktwandel. Der Coachee verlässt den Standpunkt, der zum nicht gewünschten Ergebnis geführt hat und nimmt einen neuen Standpunkt ein. Wir folgen dabei einem Grundsatz des Standpunkt-Coachings: „Von alten Standpunkten sind keine neuen Ergebnisse möglich.“
So einfach wie hier beschrieben ist das natürlich nicht. Unser Verstand möchte seiner Aufgabe gerecht werden und unser Leben weiterhin schützen. Er hat schließlich auch bewiesen, dass das von den bisher eingenommenen Standpunkten aus wunderbar funktioniert. Wie gesagt: Es geht ihm nur ums Überleben. Glück und Erfüllung sind nicht Bestandteil des Überlebensprogramms.
Unser Verstand denkt grundsätzlich erst mal nur in Gegensätzen. Wenn wir die Sicherheit uns bekannter Standpunkte verlassen, begeben wir uns automatisch in Gefahr. Eine weitere Möglichkeit sieht unser Verstand zunächst nicht.
Der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 bis 1831) entwickelte ein Erkenntnismodell, das auch als „Hegelsche Dialektik“ bekannt geworden ist. Dem Modell folgend gibt es zu jeder „These“ auch eine „Antithese“, also einen gegensätzlichen Standpunkt. Als „Synthese“ bezeichnete Hegel dabei einen dritten Standpunkt, der quasi ein verbindendes Element zwischen These und Antithese darstellt. Die Synthese ermöglicht neue Sicht- und Handlungsweisen.
Am Bespiel des Sicherheitsstrebens unseres Verstandes kann man „Sicherheit“ als These bezeichnen und „Gefahr“ als Antithese. Wenn wir Menschen uns dem Sicherheitsstreben unseres Verstandes immer hingegeben hätten, dann hätten wir uns nicht so entwickeln können, dann hätten wir vermutlich nie die Nutzung des Feuers entdeckt. Wir wären in der vermeintlich sicheren Höhle geblieben, hätten gefroren und gewartet, bis wir erfroren wären. Bezogen auf „Sicherheit“ und „Gefahr“ ist „Risikobereitschaft“ eine mögliche Synthese, das verbindende Element, ein dritter funktionalerer Standpunkt.
Hier ein paar Tipps, wie du dir neue Ergebnisse ermöglichst:
Wenn sich ein Ergebnis zeigt, das du so nicht willst, erkenne an, dass du es dir selbst erschaffen hast - natürlich nicht bewusst und willentlich. Im Coaching unterscheiden wir daher die deklarierte Absicht (deinen Willen) von der wirkenden Absicht (gesteuert durch dein Unterbewusstsein).
Lese nicht, dass du selbst schuld an deinen nicht gewünschten Ergebnissen bist. Es geht nicht um Schuld, sondern um Verantwortung. Schuld ist eine moralische Bewertung, die uns nicht zu neuen Erkenntnissen führt.
Mache dir bewusst, dass du von den Standpunkten, die du eingenommen hast, keine neuen Ergebnisse erzielen wirst. Das geht nur durch den Standpunktwandel, also durch Veränderung. Falls du den Eindruck hast, dass es doch ohne Veränderung geht, überlege, ob du dich nicht gerade dem Prinzip Hoffnung hingibst oder dir das Ergebnis schönredest.
Stelle dir auch folgende Frage: Was erhoffst du dir von deinem Standpunkt bzw. was willst du vermeiden?
Unsere Wirklichkeit, unsere Wahrheit ist ein Konstrukt unseres Verstandes. Sie basiert auf Schlussfolgerungen über die Erfahrungen, die wir gemacht haben. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Wahrnehmungsfiltern. Andere Menschen, andere Wahrheiten. Nutze die Erkenntnis darüber im Austausch mit anderen Menschen. So kannst du einen Diskurs führen, der dir und anderen neue Sichtweisen ermöglicht. Das ist eine sehr ermächtigende Erfahrung.
Bewerte nicht als richtig oder falsch, sondern als funktional oder nicht funktional.
Dein Verstand möchte nicht, dass du was veränderst. Er arbeitet dagegen und beschäftigt dich mit der Frage „Was wenn?“, der Mutter aller Befürchtungen. Dennoch: Sei ihm dankbar dafür. Er will dich nur beschützen.
Wird dir ein Standpunkt bewusst, auf dem du stehst (z. B. deine Meinung über Chefs), stelle dir die einfache Frage: „Stimmt das?“ Damit eröffnest du dir die Möglichkeit, zu deiner These auch die Antithese zu finden. Das wiederum ist der Einstieg in die Welt der Hegelschen Dialektik. Im (philosophischen) Austausch mit anderen Menschen findest du leichter auch eine Synthese.
Hab Freude dabei. Persönlichkeitsentwicklung ist nicht anstrengend. Wenn du das doch so siehst, also diesen Standpunkt eingenommen hast, könnte dahinter eine moralische Bewertung über Anstrengung liegen. Viele Menschen leben in der Überzeugung, dass ein unter Anstrengung erschaffenes Ergebnis wertvoller ist.
Persönlichkeitsentwicklung ist wie Muskeltraining. Nur zu wissen, wie man richtig trainiert, macht noch keine Muskeln. Also beschäftige dich mit dir und den Geschichten, die dir dein Verstand erzählt.
Ich wünsche dir viel Spaß und bereichernde Erkenntnisse.
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