27.7.2023

Beruf oder Berufung

Der US-amerikanische Psychologe Abraham Maslow veröffentlichte 1943 seine erste Idee zur sogenannten Maslowschen Bedürfnishierarchie, heute eher bekannt als Bedürfnispyramide. Im Grundsatz geht es darum, dass Menschen immer zuerst physiologische Bedürfnisse wie Nahrung, Geborgenheit und Wärme befriedigen, gefolgt vom Bedürfnis nach Sicherheit. Erst in der Spitze der Pyramide findet man die Selbstverwirklichung. Folgt man diesem Modell, bedeutet das, dass wir zunächst erst einmal arbeiten müssen, um unsere Grundbedürfnisse befriedigen zu können. Zeit für Individualität oder sogar Selbstverwirklichung ist erst mal nicht kalkuliert. Auch meine Generation hat das so gelernt.

Dieses Modell wird heute zunehmend in Frage gestellt. Warum soll es nicht möglich sein, die Befriedigung von Grundbedürfnissen mit Individualität und Selbstverwirklichung in Einklang zu bringen? Wann haben wir eigentlich den Begriff Beruf (Beruf kommt von Berufung) gegen Job getauscht und damit unsere tägliche Arbeit so beliebig austauschbar gemacht?

Beim Streben nach Bedürfnisbefriedigung ist so manchem von uns das richtige Maß abhanden gekommen. Dabei haben wir gar nicht gemerkt, dass die Karriereleiter oben einen Knick hat und direkt ins Hamsterrad führt. Selbst schuld, wenn wir unsere Work-Life-Balance nicht im Griff haben, oder?

Kann man so sehen. Ich sehe das allerdings anders, denn ich frage mich, was das eigentlich sein soll, die Work-Life-Balance? Lebe ich während der Arbeitszeit gar nicht so richtig?

Während ein Teil der jungen Menschen zunehmend hinterfragt, ob diese Art zu leben erstrebenswert ist, hat ein anderer Teil sich bereits in der Schule aufgegeben. Die Motive sind unterschiedlich, das Ergebnis ist aber gleich. Es fehlt überall an jungem Nachwuchs.

Ich glaube, wir müssen unserer Arbeit wieder einen Sinn geben, uns berufen fühlen. Und wir müssen gerade junge Menschen dabei unterstützen, ihre Berufung zu finden, ihr Warum, wofür sie gerne losgehen. Übrigens ist es auch für ältere Menschen nie zu spät, sich mal das eigene Warum anzusehen.

„Hamsterräder werden von innen gedreht.“